

ALUMNI IM PORTRÄT
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A L U M N I — 2 018
Ein Epitaph
begründete
seine Forscher-
karriere
Dr. Moritz Lampe
F
ür viele Studierende der Kunstgeschichte
ist es ein Berufstraum, in Florenz zu ar-
beiten – der Stadt, in der Michelangelo, Le-
onardo da Vinci und Brunelleschi wirkten,
die Wiege der Renaissance. Alumnus Moritz
Lampe lebt diesen Traum: Er ist Projektmit-
arbeiter am Kunsthistorischen Institut Flo-
renz (Max-Planck-Institut), einer der ältesten
Einrichtungen zur Erforschung der Kunst-
und Architekturge-
schichte Italiens.
Seit 2016 arbei-
tet er an einem Digi-
talisierungsprojekt,
das die historischen
Bestände der Fo-
tothek des 1897 ge-
gründeten Instituts
aufarbeitet. Fotogra
fische Porträts bilden derzeit seinen For-
schungsschwerpunkt. Gerade ist er aus Rom
zurückgekehrt, wo er an der renommierten
Bibliotheca Hertziana einen Vortrag über
fotokeramische Porträts und bürgerliche Me-
morialkultur in Florenz um 1900 gehalten
hat. Auf italienischen Friedhöfen werden seit
den 1870er Jahren Fotoporträts der Verstor-
benen auf Keramik-Tafeln an Grabmälern
angebracht – so konnte jeder das Antlitz der
verstorbenen Angehörigen für die Nachwelt
bewahren.
Mit der Sepulkralkultur begann auch
die Karriere in Leipzig: „Ein Seminar zur
Restaurierung der Epitaphien entfachte
mein Interesse für sakrale Gedächtnismale.
Besonders das künstlerisch qualitätsvolle
Schnitz-Epitaph für Heinrich Heideck aus
dem Bestand der Universitätskirche fand
meine Aufmerksamkeit“, sagt der Kunsthisto-
riker. An die Ergebnisse der 2008 fertiggestell-
ten restauratorischen Maßnahmen knüpfte er
mit einer kunsthistorischen Untersuchung des
Epitaphs – einer ideengeschichtlichen, ikono-
graphischen, typologischen und stilgeschicht-
lichen Analyse – im
Rahmen einer Ma-
gisterarbeit an.
Dabei gelangte
er zu völlig neuen Er-
kenntnissen: Durch
den spektakulären
Fund einer Ent-
wurfszeichnung im
Museum der bilden-
den Künste Leipzig konnte er das Epitaph
Heideck einem der bedeutendsten mitteldeut-
schen Bildschnitzer seiner Zeit, Valentin Sil-
bermann, zuordnen. Betreut von Professor
Frank Zöllner (Institut für Kunstgeschichte)
und Professor Rudolf Hiller von Gaertringen
(Kustodie) wurde die Arbeit 2009 unter dem
Titel „Zwischen Endzeiterwartung und Re-
präsentation. Das Epitaph des Heinrich Hei-
deck (1570–1603) aus der Leipziger Universi-
tätskirche St. Pauli“ veröffentlicht.
Nach dem Magisterabschluss ging Mo-
ritz Lampe im Rahmen eines DAAD-Stipen-
diums nach Florenz, wo er von 2011 bis 2014
sein Promotionsprojekt verfolgte, unterbro-
chen durch einen sechsmonatigen Aufenthalt
am Warburg Institut London. Im Jahr 2015
promovierte er an der Universität Florenz.
Die Entstehung des Universitätsneubaus am
Augustusplatz in der Stadt seiner Studienzeit
hat Moritz Lampe weiterhin verfolgt: „Nach
der Eröffnung des Paulinums möchte ich nach
Leipzig reisen, um das Epitaph Heideck an
der Wand im Altarbereich zu besichtigen.“
Dr. Simone Tübbecke
„Spektakulärer
Fund einer
Entwurfszeichnung“
Historische Fotografien des David von Michelangelo
aus dem Bestand der Fotothek. (Foto: Becker Lacour/
Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut)
oben rechts: Moritz Lampe in der Fotothek des
Kunsthistorischen Instituts in Florenz mit Blick auf
die Piazza Santissima Annunziata
(Foto: Kurt Scharenberg)
Many Art History students all share the same professional dream of working in
Florence. The alumnus Moritz Lampe has made this dream a reality and now works
at the Kunsthistorisches Institut in Florenz (Institute of Art History in Florence). During
his studies at Leipzig University, he researched one of the epitaphs at the Leipzig
University Church of St Paul and published his findings in a book.