

ALUMNI IM PORTRÄT
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A L U M N I — 2 018
Ein klassizistischer
Baumeister in Leipzig
Albert Geutebrück
A
lbert Geutebrück (1801–1868) hat in den
Jahren seines Wirkens ein großes und
vielfältiges Arbeitspensum bewältigt. Er war
gleichzeitig bei mehreren Auftraggebern an-
gestellt – dem Königreich Sachsen (ab 1823),
der Universität Leipzig (ab 1824) und dem
Rat der Stadt Leipzig (ab 1827). Für einige
Jahrzehnte prägte er maßgeblich das Bild der
Messestadt: Den Augustusplatz flankierten
das Augusteum, die Chorfront der Pauliner
kirche, die Hauptpost und das Preußische
Haus; in der Ritterstraße befand sich die
Buchhändlerbörse, in der Wintergartenstraße
das Schützenhaus, im Johannistal die Stern-
warte. Dazu kamen private Bauaufträge wie
zum Beispiel das Wohnhaus für W. Felsche in
der Grimmaischen Straße oder Kirchenbau-
ten wie die Dorfkirche in Kleinpösna.
Seit 1823 war Geutebrück als Lehrer
für Baukunst an der Kunstakademie Leip-
zig angestellt. Unzufrieden mit Ausstattung
und Lehrplan, kämpfte er viele Jahre um eine
praxisorientiertere Ausbildung. Nach zähem
Ringen konnte am 8. Oktober 1838 die soge-
nannte Baugewerkenschule eröffnen, deren
Direktor er bis zu seiner Pensionierung 1863
blieb. Er bildete in über 40 Lehrjahren mehr
als 1 000 Baumeister aus, deren Werke nun
nicht mehr nur aus einem „tiefen Empfinden
für Harmonie“ heraus entstanden, sondern
die jetzt fundierte Kenntnisse in Mechanik,
Maurerkunst, dem Fertigen von Baurissen
und Kostenanschlägen besaßen.
Fast zeitgleich nahm Geutebrück auch
seine Arbeit als Universitätsbaumeister auf.
Die Universität Leipzig war Anfang der
1830er Jahre erstmals seit ihrer Gründung
1409 finanziell in der Lage, umfassende Um-
und Neubauten vorzunehmen. Dabei sah sich
Geutebrück aber immer wieder gezwungen,
Pläne wie zum Beispiel für das Mauricianum
an der Grimmaischen Straße aus Kosten-
gründen stark zu vereinfachen. Diese aufge-
zwungene Sparsamkeit und der veränderte
Kunstgeschmack führten dazu, dass die Uni-
versität bereits im ausgehenden 19. Jahrhun-
dert viele seiner Gebäude durch repräsenta-
tivere ersetzte. So musste beispielsweise das
Augusteum (erbaut 1830–1836) einem monu-
mentaleren Neubau von Arwed Roßbach wei-
chen. Andere Bauten wie das Fridericianum
an der Universitätsstraße fielen später dem
Zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Einige seiner Werke zeugen aber bis
heute von der Meisterschaft dieses klassizisti-
schen Architekten: der „Große Blumenberg“
am Richard-Wagner-Platz (1826–32), das Kö-
nigliche Palais Ecke Ritterstraße/Goethestra-
ße (1860/61, heute Rektoratsgebäude der Uni-
versität) oder das Alte Lindenau-Museum in
Altenburg (1845/46).
Unsere Autorin Dr. Birgit Hartung hat von
1992 bis 2001 Kunstgeschichte und Journalistik
an der Universität Leipzig studiert. 2003 veröf-
fentlichte sie ihre Magisterarbeit im Lehmstedt
Verlag unter dem Titel „Albert Geutebrück:
Baumeister des Klassizismus in Leipzig“. 2015
promovierte sie an der Fakultät für Geschich-
te, Kunst- und Orientwissenschaften über den
Leipziger Künstler Mathieu Molitor.
„Den Augustusplatz
flankierten das Augus
teum, die Chorfront
der Paulinerkirche,
die Hauptpost und das
Preußische Haus.“
Universitätsbaumeister Albert Geutebrück (1801–1868)
prägte das Leipziger Stadtbild für einige Jahrzehnte.
(Abbildung: Birgit Hartung)
Das Augusteum nach dem Entwurf
von Geutebrück wurde ab 1893
von Arwed Roßbach umgestaltet.
(Abbildung: Universitätsarchiv)
The architect Albert Geutebrück (1801–1868) had a strong influence on the Leipzig
cityscape in the first half of the 19th century. Examples of buildings designed
by Leipzig University‘s master builder include the university‘s first Augusteum
(1830–1893) and its current rectorate building in Ritterstraße/Goethestraße.
Birgit Hartung
Albert Geutebrück: Baumeister
des Klassizismus in Leipzig
Lehmstedt Verlag
ISBN 978-3-937146-05-8