„Leipzig ist Energiestadt!“
Fächerübergreifende Forschung
im Dienst der Nachhaltigkeit
O
b Buchmesse, Automesse oder zu DDR-Zeiten die
Frühjahrs- undHerbstmesse – Leipzig gilt als traditio-
nelleMesse- undHandelsstadt. Prof. Dr. Thomas Bruckner,
Inhaber der Vattenfall Europe Stiftungsprofessur für Ener-
giemanagement und Nachhaltigkeit, hat noch ein anderes
Label für die 500.000-Einwohner-Stadt parat: „Leipzig ist
Energiestadt!“, so der Wissen-
schaftler. Der Sitz der Verbund
netz Gas AG als größter Gasver
sorger Ostdeutschlands, der
Standort der Europäischen Strom
börse EEX, die viele Energie
unternehmen anzieht, sowie die
Wirtschaftsförderung der Stadt
machen Leipzig zu einem mittel-
europäischen Zentrum der Ener-
giemärkte. Bruckner ist Direktor
des Instituts für Infrastruktur und
Ressourcenmanagement an der Universität Leipzig.
Was der Wissenschaftler höflich unterschlägt: Leip-
zig ist in Sachen Energie auch deshalb in aller Munde, weil
Forscher, wie der 49-jährige Bruckner, mit ihren Exper-
tisen die Energiestadt Leipzig national und international
bekannt machen. Bruckner, seit 2008 Mitglied des Welt-
klimarats IPCC, erforscht ökonomische, ökologische und
soziale Aspekte einer nachhaltigen Energieversorgung. Er
analysiert Energiemärkte und untersucht anhand von Si-
mulations- und Optimierungsmodellen, wie sich Klima-
schutz und beschränkte Ressourcen auf die Energiesys-
teme auswirken. Dass sich Deutschland nahezu zeitgleich
mit seinem Wechsel von der TU Berlin an die Uni Leipzig
der Energiewende verschrieben hat, und Bruckners For-
schungsthema damit ins Zentrum der energiepolitischen
Diskussion gerückt ist, sieht der Wissenschaftler als
glückliche Fügung: „Ich freue mich darüber, dass wir mit
unseren Analysen dazu beitragen können, die Auswir-
kungen der Energiewende auf die Märkte besser zu ver-
stehen und darauf aufbauend erforschen können, was an
Anreizen erforderlich ist, damit sie gelingt.“
Hohe Strompreise, das Landschaftsbild störende
Windräder oder umstrittene Stromtrassen – der Energie-
experte weiß um die Probleme, die viele Menschen mit der
Energiewende hadern lassen. „Die Energiewende ist das
größte politische Projekt seit der Wiedervereinigung“, so
Bruckner. Es sei faszinierend, dass Deutschland als eines
der modernsten Industrieländer den Mut habe, die Ener-
giewirtschaft grundlegend neu zu gestalten. Dass sich
ein solches Projekt nicht durchführen lasse, ohne dass
es im Detail zu Problemen komme, sei selbstverständ-
lich. Umso wichtiger sei es, durch energiewirtschaftliche
Forschung potenzielle Probleme möglichst frühzeitig vor-
herzusagen und damit vermeiden zu können. Die positiven
Thomas Bruckner analysiert die
ökonomischen, ökologischen und sozialen
Aspekte einer nachhaltigen Energieversorgung.
(Foto: Swen Reichhold)
„Die Energiewende ist
das größte politische
Projekt seit der
Wiedervereinigung.“
NACHHALTIGE SYSTEME
UND BIODIVERSITÄT
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L U M A G F O R S C H U N G – 01/ 2 015