D
ienstagmorgen, 8 Uhr. Noch
bevor im Büro die erste Kan-
ne Kaffee durchläuft, zieht es
Prof. Dr. Eisenhauer ins Labor
zu seinen Bodenproben. Die ste-
cken bereits in winzigen Glaskol-
ben, die mit einer Sonde verka-
belt sind. „Damit messen wir die
mikrobielle Respiration, also den
Sauerstoffverbrauch der Kleinst
organismen im Boden“, erläutert
Eisenhauer und hält ein neu be-
fülltes Gefäß gegen das Licht. Im
Inneren schimmert es bläulich. Das komme vom Kup-
fersulfat, das dem System erneut Sauerstoff zuführt, so
der Biologe. Mit routiniertem Griff fixiert er das Glas in
einem Wasserbecken, in dem sich bereits Dutzende von
winzigen Kolben aneinanderreihen wie fluoreszierende
Lämpchen einer Lichterkette.
Nico Eisenhauer ist ein Experimentierer. Einer, der
sich in Grenzregionen wagt, weil „da immer etwas los
ist“, wie er meint. Ein anspruchsvolles, da bislang nahe-
zu unerforschtes Grenzgebiet hat er in der terrestrischen
Ökologie gefunden. „Ich will wissen, welche biologische
Vielfalt und Dynamik sich unter der Erdoberfläche ab-
spielt, wie die Organismen miteinander kooperieren oder
konkurrieren und welchen Einfluss dieser Mikrokosmos
auf Pflanzen hat, die im Boden wurzeln“, sagt Eisenhauer.
Zu seinen Studienobjekten gehören Würmer, Milben, Pil-
ze und Bakterien – auch ganze Pflanzengemeinschaften,
wie Graslandgebiete.
Jeans, sportive Brille im schmalen Gesicht, das Sak-
ko sitzt perfekt: Äußerlich erinnert Eisenhauer an einen
trainierten Langstreckenläufer. Und tatsächlich haben
Leistung und Sport im Leben des Biologen ihren festen
Platz. 2014, da ist der im Odenwald geborene Hesse gerade
mal 34 Jahre alt, wird er als Professor für Experimentelle
Interaktionsökologie an die Universität Leipzig berufen.
Davor hält er zwei Jahre die Professur für Terrestrische
Ökologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dut-
zende Publikationen in renommierten Fachzeitschriften
spiegeln Eisenhauers Passion für die Forschung. Im ver-
gangenen Jahr würdigt die Deutsche Forschungsgemein-
schaft (DFG) seine herausragenden Leistungen mit dem
Heinz-Maier-Leibnitz-Preis. Der zweifache Familienvater
ist ein Überflieger. Einer mit Bodenhaftung, der seinen
Erfolg mit dem Team teilt: „Ich habe vieles den brillanten
Kollegen zu verdanken, mit denen ich zusammenarbeite.“
Wie entspannt man sich, wenn man Forschung und
Lehre, Beruf und Familie, Fördern und Fordern jeden Tag
aufs Neue abzirkeln muss? Nico Eisenhauer spielt Fuß-
ball. Eine Leidenschaft, die ihn früh geprägt und bei der
„Ich will wissen,
welche biologische
Vielfalt und Dynamik
sich unter der Erd
oberfläche abspielt …“
Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf Bodenprozesse? Nico Eisenhauer prüft das Respirometer. (Foto: Christian Hüller)
NACHHALTIGE SYSTEME
UND BIODIVERSITÄT
38
Grenzgänger mit Visionen
Nico Eisenhauer nimmt
den Lebensraum Boden unter die Lupe