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A L U M N I — 2 016
REFLEXIONEN
S
tadt und Universität Leipzig sind heute mehr denn je
aufeinander angewiesen. In einer zusammenwachsen-
den Welt benötigt unsere Stadt eine national und inter-
national renommierte Universität, wie im Gegenzug die
Universität mit Recht erwarten darf, dass sich Leipzig als
attraktiver Wohn- und Lebensort entwickelt, mit Chancen
für alle Menschen, die Leipziger werden wollen oder uns als
Gäste aufsuchen. Wir brauchen daher Botschafter für unse-
re Stadt, die berichten können, dass Freundlichkeit und In-
ternationalität in Leipzig gelebter Alltag sind und dass sich
die große Mehrheit unserer Stadtgesellschaft mit Menschen
solidarisiert, die aus Not in unser Land kommen.
Eine weltoffene Stadt
mit multikulturellem Anspruch
Ich freue mich daher außerordentlich, dass so viele
Absolventen der Universität Leipzig, dem Ort ihrer wissen-
schaftlichen Ausbildung, die Treue halten. Ihr Interesse an
ihrer Alma mater ist der Beweis dafür, dass die Universität
und die Stadt Leipzig ihnen viel bedeuten. Ich betrachte
dies als eine wertvolle Anerkennung und ein Zeichen von
Vertrauen. Denn nur dorthin, wo man Freunde findet und
Respekt erwirbt, kehrt man gern zurück. Diese Tatsache
wird zunehmend wichtiger in einer Welt, in der für viele das
Zuhause ein mobiler Ort ist. Die Verbundenheit der Alum-
ni mit ihrer Universität ist ein Fundament, auf das wir bau-
en wollen. Leipzig wirbt um die Unterstützung der Alumni
aus aller Welt und will im Gegenzug ein guter Gastgeber
für die zahlreichen Freunde und Gäste sein.
Leipzig steht mitten in einer globalen Welt und versteht
sich mehr denn je als eine weltoffene Stadt mit multikul-
turellem Anspruch, als ein Wissenschaftsstandort mit ex-
zellenter Forschung und Lehre und als eine Kulturstadt
mit einem besonderen Mix aus hochkarätigen Festjahren,
Festivals und Kongressen. Mit diesem Selbstverständnis
hat sich Leipzig in der Familie der europäischen Städte
einen guten Ruf erworben. In Leipzig wurde die „Leip-
ziger Charta für zukunftsfähige europäische Städte“ er-
arbeitet, die seit 2007 die Grundlage für eine überregio-
nale Stadtpolitik der Europäischen Union darstellt. Das
Engagement reicht weit über Europa hinaus. Auch in den
USA, in Afrika, in China und im Nahen Osten haben wir
in den letzten Jahren zahlreiche neue Freunde gewonnen,
ohne die alten Verbindungen aufzugeben.
Die Globalisierung
gemeinsam meistern
Im Zeitalter der Wissensgesellschaft und der internationa-
len Vernetzung und Konkurrenz kommen auf Stadt und
Universität Aufgaben zu, die nur im engen Verbund zu
lösen sind. Die Wissenschaften reagieren auf Veränderun-
gen in der Arbeitswelt, die neue Qualifikationen erfordern,
die Politik auf die Herausforderungen der globalisierten
Welt. Die Kooperation von Gesellschaft und Wissenschaft
beruht heute auf Wissensfähigkeit und Sprachkompetenz,
auf internationalem Diskurs und globaler Kommunikati-
on. Kurz gesagt: Stadt und Universität gewinnen gemein-
sam, wenn Leipzig internationaler wird und wir Botschaf-
ter besitzen, die für dieses gastfreundliche und weltoffene
Leipzig werben. Die Stadt Leipzig unterstützt daher nach-
drücklich die Ausrichtung der Universität in die Welt und
bekennt sich selbst zu einer internationalen Stadtpolitik.
Leipzig als traditionelle Drehscheibe zwischen Ost und
West wird nicht umhinkommen, sich noch stärker auf die-
sem Parkett zu bewegen und die Stadtpolitik an den neuen
globalen Anforderungen zu orientieren.
Die Universität bildet gemeinsam mit der Leip-
ziger Wissenschaftsfamilie auch einen unersetzbaren
Wirtschafts- und Kulturfaktor. Die Stadt wirbt um Un-
ternehmensansiedlungen und Arbeitsplätze, die Univer-
sität um Studierende und wissenschaftliche Fachkräfte.
Heute wird Leipzig als ein Ort wahrgenommen, in der
die Universität und die Wissenschaften eine wichtige
Facette der städtischen Identität bilden. Die fast 40.000
Studierenden aller Leipziger Hochschulen bestimmen
das Flair und die Atmosphäre unserer Stadt. Das Herz
der Universität, die 2015 im 1000. Jahr der Leipziger
Stadtgeschichte ihren 606. Geburtstag gefeiert hat,
schlägt am Augustusplatz. Hier im Zentrum Leipzigs ist –
für die Bundesrepublik einmalig – ein völlig neuer inner-
städtischer Universitätskomplex entstanden: eine Riesen-
chance für unsere traditionsreiche Universität im Wettbe-
werb der Hochschulstandorte.
Geistige Orte
einer kreativen Unruhe
Ein letzter Punkt ist mir sehr wichtig: Wie wir in Zukunft
arbeiten und wohnen, konsumieren und kommunizieren,
uns ernähren und fortbewegen, uns selbst bestimmen und
politisch regieren, ist im Zuge der Globalisierung ständig
neu zu bedenken. Hier kommt unseren Wissenschaften
eine wichtige öffentliche Rolle zu. Sie müssen kritische
Begleiter der gesellschaftlichen Entwicklungen bleiben.
Hier liegt eine große Aufgabe auch der Universität Leip-
zig. Es ist meine feste Überzeugung, dass unsere Univer-
sitäten geistige Orte einer kreativen Unruhe bleiben müs-
sen, um uns die Antworten auf die Fragen zu liefern, die
unsere Gegenwart und Zukunft stellen.
Burkhard Jung
Burkhard Jung ist seit 2006 Oberbürgermeister der Stadt
Leipzig. Aufgewachsen in Nordrhein-Westfalen lebt der aus-
gebildete Lehrer seit 1991 in Leipzig. 2012 war er Schirm-
herr des zweiten Alumni-Treffens der Universität Leipzig.
(Foto: Stadt Leipzig)
Mitglieder der Universität
können zu internationalen
Botschaftern für Leipzig
werden.
(Foto: Christian Hüller)