UNIVERSI TÄT UND STADT
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A L U M N I — 2 016
Dinge, die
Geschichte(n)
erzählen
Das Universitätsarchiv und die Museen und Sammlungen der Universität
bewahren in ihren Beständen nicht nur die Geschichte der Hochschule
und des Forschens und Lehrens, viele der gehüteten Objekte erzählen
auch Leipziger Stadtgeschichte.
Der Erinnerung
einer Familie gewidmet
Die Kirche der Dominikaner, nach der Re-
formation Universitätskirche St. Pauli, war
eine beliebte Grablege auch für wohlhabende
Bürger der Stadt Leipzig. Deshalb befinden
sich heute einige Epitaphien (Gedächtnisma-
le), die an bedeutende Bürgerfamilien erin-
nern, in der Obhut der Universität. Die Tuch-
händler-Familie Lewe (auch Löwe oder Leue)
stammte aus Aachen und war eng mit der
Leipziger Ratsherren- und Apothekerfamilie
Hutter verbunden. Das Familienwappen der
Familie Lewe ist im linken Bildbereich (auf-
steigender Löwe) abgebildet. Den Anlass für
die Entstehung des Epitaphs gab 1544 der Tod
des Sohnes Paul, was die Wahl eines entspre-
chenden Motivs – die Erweckung des Jüng-
lings zu Nain aus dem Lukasevangelium –
zur Folge hatte. Die Landschaft im Hinter-
grund kombiniert eine imaginäre Ansicht der
biblischen Stadt Nain mit Gebäuden aus der
spätmittelalterlichen Topographie Jerusalems
und einigen der ältesten Darstellungen von
Leipziger Gebäuden. Gut zu erkennen ist der
Turm der Thomaskirche.
Kunst- und Studiensammlung
der Universität Leipzig
Ritterstraße 26, Leipzig
Öffnungszeiten: Montag 11–15 Uhr
www.uni-leipzig.de/kustodie ↗Ein selbstspielendes Instru-
ment als neuester Schrei
Ein Instrument spielen zu können ohne Noten-
kenntnisse und lästiges Üben – davon haben
wohl schon viele Musikbegeisterte geträumt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfüllten zahl-
reiche Leipziger Hersteller von selbstspielenden
Instrumenten diesen Wunsch. In den Jahren
zwischen 1880 und 1930 erlebte Leipzig eine ein-
malige Blütezeit auf diesem Gebiet. Beherrsch-
ten zunächst Lochplatten-Spielwerke in vielen
Variationen den Markt, so waren es später vor
allem pneumatische Klaviere und Klavier-Or-
chestrions, die weltweit als erstrebenswerte An-
schaffung galten. Eines dieser selbstspielenden
Instrumente war der begehrte „Tanzbär“, eine
mechanische Ziehharmonika der Leipziger
Firma Alfred Zuleger. Der Spieler musste den
Balg nur noch ziehen und drücken, wodurch
auch die Lautstärke variiert werden konnte.
Für die richtigen Töne aber sorgte der Mecha-
nismus mit Lochbandstreifen. Eines allerdings
verschwieg die damalige Werbung ihren Kun-
den: Auch auf den mechanischen Musikinstru-
menten waren Fingerspitzengefühl und einige
Fertigkeiten gefragt, um am Ende wirklich gute
Musik machen zu können.
Museum für Musikinstrumente
der Universität Leipzig
Johannisplatz 5–11, Leipzig
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr
http://mfm.uni-leipzig.de ↗Eine steinerne Kuh
als Politikum
Von einer Ägypten-Reise im Jahr 1925 brachte
der Ägyptologe Georg Steindorff (1861–1951)
die Darstellung einer heiligen Kuh mit nach
Leipzig. Die Kalkstein-Skulptur entstand
um 600 v. Chr. und stellt die Göttin Hathor
dar. In ihrem Schutz befindet sich vor ihren
Vorderbeinen ein kleiner Königssphinx. Um
1936 wurde der Professor mit jüdischer Ab-
stammung genötigt, die Statue der Univer-
sität Leipzig zum Kauf anzubieten. Dieser
Vorgang wurde 2011 als verfolgungsbedingter
Entzug anerkannt. Aufgrund einer außerge-
richtlichen Einigung mit der Conference on
Jewish Material Claims Against Germany
konnte die Statue jedoch im Museum verblei-
ben. Während des Zweiten Weltkriegs kam
die Kuh im Rahmen der Auslagerungen in
das sächsische Schloss Mutzschen, von wo
die Objekte 1945 für das geplante Trophäen-
museum in die Sowjetunion gebracht wurden.
Bis 1958 gelangte die Kuh allerdings zurück
nach Leipzig. Heute ist sie Teil der größten
akademischen Lehrsammlung Deutschlands
und kann im Museum am Augustusplatz be-
sichtigt werden.
Ägyptisches Museum
Goethestraße 2, Leipzig
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 13–17 Uhr,
Samstag und Sonntag 10–17 Uhr
www.aegyptisches-museum.uni-leipzig.de ↗Foto (Ausschnitt): Kustodie/Jens Friedrich
Foto: Marion Wenzel
Foto: Ägyptisches Museum/Marion Wenzel