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ZIVILISATIONSERKRANKUNGEN

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L U M A G F O R S C H U N G – 01/ 2 015

Hormone aussendet und damit eine Art Fehl-

funktion des Fettgewebes widerspiegelt.“ In

der Forschungsgruppe um Blüher wird zu

sämtlichen Entwicklungsstufen gearbeitet:

„Wir sind beteiligt an der Identifizierung von

Genen, die zum Beispiel Fettverteilungsstö-

rungen auslösen – also ganz frühen Stadien –

bis hin zur klinischen Anwendung, zur Nut-

zung von Hormonen wie beispielsweise Lep-

tin für Patienten.“

Das Uniklinikum Leipzig hat sich als

erstes und bislang einziges Leptin-Behand-

lungszentrum in Deutschland etabliert.

„Leptin ist wirkungsvoll bei Menschen, die

eine sogenannte Lipodystrophie haben, eine

genetisch bedingte Erkrankung, die zur Stö-

rung der Fettverteilung im Körper führt“,

erläutert der Mediziner. Die betroffenen

Patienten haben nahezu kein Fettgewebe in

der Unterhaut, so dass überschüssiges Fett

aus der Nahrung etwa in der Leber ablagert

oder die Blutfettwerte ansteigen lässt. Eine

Behandlung mit Leptin kann Erkrankungen

dieser Art deutlich lindern.

Allerdings gibt es allein beim Hor-

mon Leptin noch reichlich Klärungsbedarf:

Warum wirkt es beim Gefühl der Sättigung

bei Menschen mit Übergewicht schlechter?

Übergewichtige und adipöse Patienten haben

in der Regel hohe Leptin-Spiegel. Werden

diese weiter erhöht, führt das trotzdem nicht

dazu, dass die Menschen Gewicht verlieren.

Blüher vermutet bei den Betroffenen eine

Leptin-Resistenz imGehirn. Wie man sie um-

gehen kann, ist eine der offenen Fragen.

Nun haben es die Forscher aber nicht

nur mit Leptin zu tun: Etwa 600 Eiweißhor-

mone aus dem Fettgewebe sind bekannt,

hinzu kommen Stoffwechselprodukte wie

Fettsäuren, die ebenso eine Signalwirkung

haben können. „Wie jedoch diese Signalkas-

kaden bis zum Gehirn oder anderen Organen

funktionieren, muss noch untersucht werden“,

erläutert Prof. Blüher. Als weiteres konkre-

tes Beispiel für ein im Fettgewebe wirksames

Hormon nennt der Forscher Vaspin, das als

potenzielles Medikament bereits an Mäusen

getestet wurde. „Wenn man Vaspin spritzt, es-

sen die Mäuse weniger, ihr Zuckerstoffwech-

sel lässt sich deutlich verbessern, sie werden

schlanker und gesünder“, zählt er auf. Es gibt

also eine ganze Reihe von Hormonen, über die

es in Zukunft eventuell möglich wäre, zu Me-

dikamenten zu kommen. Dann könnten unter

Durch modernste Mikroskopietechnik sehen die Forscher

am Leipziger Institut für Anatomie ins lebende Fettgewe-

be und entdecken eine bunte, hochdynamische Welt.

(Foto: Gericke/Bechmann, Universität Leipzig)

Gesundes oder krankes Fettgewebe? Matthias Blüher erläutert

die Unterschiede anhand eines Körper-Querschnitts. (Foto: Christian Hüller)

Das Uniklinikum

Leipzig hat sich

als erstes und bislang

einziges Leptin-

Behandlungszentrum

in Deutschland

etabliert.